In der priviligierten Stellung, in regelmäßigen Abständen eine Zwangserweiterung meines Wissens genießen zu dürfen, beschritt ich jedes Ende eines Schuljahres mit bis zu zwei prall gefüllten Leitz-Ordnern der größeren Gattung an Resterzeugnissen toter Bäume. Während es neben der Schule genügend Gründe gibt, sich über gesteigerte Mengen an Bürokratie aufzuregen, ist doch manche Steuererklärung lustig und unterhaltsam gegen das, was ich mein Eigen nennen darf. In Zeiten, wo Amazon die Rechnungen digital per Mail versendet und auch Klamottenbestellungen ohne ein Blatt Papier durchgeführt werden können, ist es doch geradezu grotesk, dass der Ursprung unserer Bildung genau das nicht in den Griff bekommt: kaum ein anderer Ort ist so un-digital und hinterherhinkend wie unsere Schulen.

Nun bilden durchaus einzelne Vorreiter Ausnahmen mit digitalen Tafeln – oder, bei entsprechender Fachkenntnis – sogar WLAN im gesamten Gebäude, während ein nicht zu vernachlässigender Teil weiterhin Beamerwagen mit ungereinigten Projektorenfiltern und Windows-XP-Notebooks unterhält. Bring your own device – klar, aber doch bitte nur ausgeschaltet im Schließfach oder in der Tasche. Digitale Unterrichtsmitschrifen? Teufelszeug!

Einerseits kein Wunder, denn die informatische Bildung meiner Generation dürfte oft unzureichend sein, den Rechner zu beherrschen, und nicht sich vom Rechner beherrschen zu lassen. Aus persönlichen Erfahrungswerten meines Umfelds kann ich nur bekräftigen, dass da dringend etwas getan werden muss – und Ansatzpunkt Nummer eins auf jeden Fall die pädagogische Seite sein sollte. Eine Wochenstunde Informatik, in der dann unter anderem die Existenz des “WWW-Dienstes” gelehrt wird, aber SSL nie eine nennenswerte Rolle spielt, kann nicht für jeden Bildungsstand ideal sein. Steam und Origin können die meisten, Konsole und Datenschutz kann die meisten Mal.

Doch wie kann man genau diese Papierbrücke schließen und den Ansatz des papierlosen Büros auf den Unterricht ausweiten? Ich verdanke etlichen meiner Lehrer, dass diese genau diesen Versuch zulassen. Unter unveränderten Bedingungen – Leistungskontrollen bleiben Papier, Inhalte identisch. Unterstützend kommt hinzu, dass meine Schule das erwähnte WLAN mit Accesspoints auf dem gesamten Gelände anbietet und mir so auch Möglichkeiten bietet, online zu arbeiten. Ebenso setzen etliche unserer Lehrer auf eine Moodle-Installation. Moodle ist eine durchaus praktische Software zur Verteilung von Lehr- und Lerninhalten und unter GPL-Lizenz veröffentlicht. Regelmäßig erhalte ich so dann auch Vorträge der Lehrer als PDF.

In der nächsten Zeit möchte ich über die Einstiegshürden, Probleme und Möglichkeiten der neuen Technik im Stresstest sprechen – und natürlich erwähnen, was wie und wo welchen Zweck hat. Software, Hardware und dazwischen der Mensch.

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