Mein mobiler Arbeitssklave, das Surface Pro 3, ist nun bereits in den Gedanken der Firma WinzigWeich (böse Zungen sprechen auch von Micro$oft) im amerikanischen Redmond angestaubt und solle doch bitte durch das Surface Pro 4 ersetzt werden, das neben internem technischen Fortschritt auch einen neuen Stift bietet. Leider ist aber mein finanzielle Situation eine andere als die der Herren Gates, Ballmer oder Nadalla, weshalb ich für meinen Teil bis zum endgültigen Ableben des Gerätes bei meinem Pro 3 bleiben will. Genau das versucht Microsoft aber offenbar, mir auszureden. So ist es unter Windows 10 Pro, welches ich in Kombination mit meiner Raspberry-Pi-Samba-Domäne verwende, nicht mehr möglich, die Aktion beim Drücken des hinteren Stiftknopfes auszuwählen. Bisher war es so, dass man am hinteren Ende des Stiftes wie bei einem Kugelschreiber drücken konnte, allerdings keine weitere Mine und glücklicherweise schon gar keine Miene zum Vorschein kam, sondern dem Surface per Bluetooth mitgeteilt wurde, dass es bitte einen neuen Abschnitt in OneNote anlegen und öffnen möchte. Das ist seit der Installation von Windows 10 bzw. dem Erhalt eines Austauschgerätes nach einem Garantiefall mit vorinstalliertem Windows 10 nicht mehr möglich; es öffnet sich immer die ungewollte kostenlos-Variante von OneNote im Windows-App-Stil und nicht die nebenbei installierte, vollwertige Variante von OneNote 2016. Und das ist nur änderbar, wenn man den neuen Stift (aus der Generation des Surface Pro 4) kauft und am Surface Pro 3 einsetzt. Ansonsten wird in der dazugehörigen Einstellungsapplikation einfach keine Option angezeigt, die Aktion bei Stiftdruck zu ändern. Da ein neuer Stift aber gut und gerne 50€ kostet, und ich keinen Grund sehe, wegen einem virtuellen Radierer am Stiftende drei Kästen Wernesgrüner inklusive Pfand zu investieren, wollte ich bei meinem alten und funktionierenden Stift bleiben und eine Lösung finden. Und die fand sich, mit etwas Recherche im Netz:

Reddit hielt einen Beitrag vor, der beschrieb, dass der Button hinten auf dem Stift entweder die Taste F20 (einfacher Klick) oder F19 (doppelter Druck) virtuell drückte. Diese Tasten gab es in grauer Vorzeit wirklich; meine erste Tastatur mit DIN-Anschluss an einem MS-DOS-Rechner hatte auch noch neben F1-F12 eine Reihe darunter für F13-F24. Der Tipp im Beitrag, AutoHotKey (kurz AHK) einzusetzen, war nicht schlecht: damit hatte ich bereits einmal ein Nummernpad so bearbeitet, dass die in diesem Fall nicht benötigte /-Taste zu einer @-Taste wurde. Brauchten wir damals für eine am PC nachgebildete Lichtsteuerkonsole. Nun sollte ich diese Software also wiedertreffen, und das sollte die Problemlösung sein:

  1. AutoHotKey herunterladen und Setup starten. Download gibts auf deren Webseite, wenn sie denn mal lädt. Alternativ heise.de.
  2. Installation normal durchführen; im Zweifel die 32-Bit-Version installieren, falls danach gefragt wird.
  3. Wenn die Installation abgeschlossen ist, nichts davon starten, sondern einfach das Setup konform beenden.
  4. Windows-Taste und R drücken, um den guten, alten Ausführen-Dialog zu bekommen. Dort dann shell:startup eingeben. Der Explorer öffnet sich mit dem Autostart-Ordner des Benutzers.
  5. Im Autostart-Ordner über Rechtsklick -> Neu -> Autohotkey-Script eine neue .ahk-Datei anlegen und irgendwie klangvoll benennen, also beispielsweise familien_im_brennpunkt.ahk , wahlzettelmanipulation.ahk  oder einfach surface_pen.ahk . Ganz nach Belieben.
  6. Mit einem Rechtsklick auf die Datei in einem beliebigen Editor, z.B. Notepad++ oder dem Windows-Editor zum Bearbeiten öffnen.
  7. Folgenden Inhalt in die Datei kopieren und speichern:
    #NoEnv  ; Recommended for performance and compatibility with future AutoHotkey releases.
    SendMode Input  ; Recommended for new scripts due to its superior speed and reliability.
    SetWorkingDir %A_ScriptDir%  ; Ensures a consistent starting directory.
    
    #F19::
    Run, C:\Windows\Sysnative\SnippingTool.exe
    Sleep, 400
    WinActivate, ahk_exe SnippingTool.exe
    return
    
    #IfWinNotExist ahk_class Framework::CFrame
        #F20:: run, onenote.exe
        return
    
    #IfWinNotActive ahk_class Framework::CFrame
        #F20::WinActivate, ahk_exe ONENOTE.EXE
    
    #IfWinActive ahk_class Framework::CFrame
        #F20::WinMinimize

    Dieses schöne Script ist Quick&Dirty (neudeutsch für schnell und unsauber) von mir zusammengebastelt. Es tut im Wesentlichen folgendes: Ein doppelter Tastendruck öffnet das Snipping-Tool und holt es in den Vordergrund. Sollte das nicht sauber funktionieren und das Snipping-Tool immer minimiert sein, einfach den Wert hinter Sleep,  auf eine höhere Zahl erhöhen. Ist OneNote geschlossen, und man drückt die Taste am Stift ein einziges Mal, öffnet sich OneNote. Drückt man die Taste erneut, minimiert es sich. Ist OneNote minimiert und man drückt die Taste, wird es maximiert. Da ich hier kein 32-Bit-System zum Testen habe: Sollte es sich nicht um ein 64-Bit-System handeln, muss der Pfad vom Snipping-Tool ggf. auf C:\Windows\System32\SnippingTool.exe angepasst werden.

  8. Fürs erste reicht ein Doppelklick auf die neu erstellte Datei; damit gibts dann im Tray (in der ComputerBild meines Wissens Symbolleiste genannt – dort gibts oder gabs auch mal Arbeitsoberflächen und USB-Speicherstifte!) ein neues Symbol mit einem H auf grünem Grund. Fertsch.
  9. Beim nächsten Start sollte(TM) dann alles funktionieren und automatisch starten.

Gar nicht so schwer, oder? Tja. Das hat man davon, wenn man zu den ganz betagten Leuten gehört und Produkte von früher, wie ein Surface Pro 3 aus dem Jahre 2015, einsetzt.

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